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Schätzt der Vermieter den Wärmeverbrauch des Mieters, weil mehrere Heizkostenverteiler in dessen Wohnung defekt sind und legt diese Schätzwerte der Heizkostenabrechnung zugrunde, ohne dem Mieter – weder in der Abrechnung selbst, noch innerhalb des Abrechnungszeitraumes – die Ermittlung der jeweiligen Schätzwerte zu erläutern oder rechnerisch darzustellen, ist dem Mieter keine formell ordnungsgemäße Heizkostenabrechnung erteilt worden, so die auf Mietrecht spezialisierte Rechtsanwältin Ilona Reichert aus Baden-Baden unter Hinweis auf das Urteil des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg vom 5.5.2011, Az.: 218 C 271/09.

Die klagende Vermieterin erteilte den beklagten Mietern am 20.12.2007 die Heizkostenabrechnung für 2006. Da an vier Heizkörpern der 168 qm großen Wohnung die Heizkostenverteiler defekt waren, hatte die Klägerin die Verbräuche geschätzt. Den Schätzungen legte die Klägerin entsprechend vergleichbare Räume von vergleichbaren Wohnungen desselben Hauses zugrunde. Sie hatte aber nicht den Rechenweg nachvollziehbar dargelegt. Die Klägerin verlangt von den Beklagten den Abrechnungssaldo von 1.313,– €.

Das Gericht entschied, dass die Beklagten die Nachforderung nicht bezahlen müssen. Die Heizkostenabrechnung 2006 ist aufgrund formeller Mängel unwirksam, denn die Beklagten als Mieter sind nicht in der Lage, ohne Erläuterung der Grundlagen der Schätzung und ohne Darlegung des Rechenweges die Richtigkeit dieser Abrechnung zu überprüfen. Den Beklagten ist daher innerhalb der Ausschlussfrist gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB keine formell ordnungsgemäße Abrechnung erteilt worden. Schätzt der Vermieter den Verbrauch ganz oder teilweise und wendet er dazu das generelle Vergleichsverfahren nach § 9a HeizkostenVO an, indem er den Verbrauch in anderen Räumen zugrunde legt, so treffen ihn zusätzliche Erläuterungspflichten.

Die Klägerin hätte den Beklagten mitteilen müssen, welche Räume welcher in demselben Wohnhaus befindlichen Wohnungen sie den Schätzungen zugrunde gelegt hat und welche vergleichbaren Kriterien diese Räume (insbesondere Stockwerk, Himmelsrichtung, Zahl und Größe der Fenster, Zahl der installierten Heizkörper) im Verhältnis zu den betreffenden Räumen der Wohnung der Beklagten aufweisen. Zudem hätte der Rechenweg nachvollziehbar dargestellt werden müssen. Die formelle Unwirksamkeit bezieht sich auf alle Verbrauchseinheiten, die in der Wohnung der Beklagten hinsichtlich des individuellen Verbrauchs abgelesen bzw. geschätzt worden sind, da eine Herausrechnung der geschätzten Werte der Beklagten unmöglich war. Von der formellen Unwirksamkeit nicht umfasst sind die Grundkosten der Heizung. Diese sind von den Beklagten zu erstatten.

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