Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 3. November 2010 – VIII ZR 330/09 – entschieden, dass der Mieter wegen eines Mangels der Wohnung, von dem der Vermieter keine Kenntnis hat, ein Zurückbehaltungsrecht erst an den Mieten geltend machen kann, die fällig werden, nachdem der Mieter dem Vermieter den Mangel angezeigt hat. Darauf weist Rechtsanwältin Ilona Reichert aus Baden-Baden hin.


Die Mieter einer Wohnung in Berlin bezahlten für die Monate April, Juni und Juli 2007 keine und für Mai 2007 nur einen Teil der Miete. Der Vermieter kündigte mit Schreiben vom 5. Juni 2007 das Mietverhältnis fristlos wegen Zahlungsverzugs. Nach Kündigungszugang widersprachen die Mieter der Kündigung wegen 15 Mängeln, unter anderem Schimmelpilzbefall in mehreren Zimmern, und beriefen sich hinsichtlich der Zahlungsansprüche auf ein Mietminderungsrecht sowie auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen des Schimmelpilzbefalls.

Die Vermieter verklagten die Mieter unter anderem auf Räumung und Herausgabe der Wohnung. Das Amtsgericht hat die Mieter zur Räumung und Herausgabe verurteilt. Auf die Berufung der Mieter hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und die Räumungsklage abgewiesen. Das Landgericht war der Auffassung, dass der als Kündigungsgrund geltend gemachte Verzug der Mieter mit den Mietzahlungen wegen eines Zurückbehaltungsrechts im Hinblick auf den in der Wohnung aufgetretenen Schimmelpilzbefall ungeachtet der unterbliebenen Anzeige ausgeschlossen war.

Die dagegen gerichtete Revision des Vermieters hatte Erfolg. Die Mieter wurden zur Räumung verurteilt. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass ein Zurückbehaltungsrecht der Mieter an Mietzahlungen, die sie für einen Zeitraum vor der Anzeige des – dem Vermieter zuvor nicht bekannten – Schimmelpilzbefalls der Wohnung schulden, nach Treu und Glauben von vornherein ausscheidet. Das Zurückbehaltungsrecht des § 320 BGB hat den Zweck, auf den Schuldner, im vorliegenden Fall den Vermieter, Druck zur Erfüllung der eigenen Verbindlichkeit auszuüben. Solange dem Vermieter ein Mangel jedoch nicht bekannt ist, kann das Zurückbehaltungsrecht die ihm zukommende Funktion, den Vermieter zur Mangelbeseitigung zu veranlassen, nicht erfüllen. Ein Zurückbehaltungsrecht des Mieters besteht daher erst an den nach der Mängelanzeige fällig werdenden Mieten.

Praxistipp: Eine Mietminderung ist ohne Mängelanzeige ausgeschlossen. Die Mängelanzeige sollte so deutlich sein, dass der Vermieter erkennen kann, um was es geht. Pauschalierungen sind nicht ausreichend.