Eine Eigenbedarfskündigung darf nicht auf einen Bedarf gestützt werden, der bereits bei Mietvertragsabschluss vorhersehbar war. Als vorhersehbar gilt ein Bedarf, der innerhalb von 21 Monaten ab dem Abschluss des Wohnungsmietvertrages für den 19-jährigen Sohn des Vermieters geltend gemacht wird, so die auf Mietrecht spezialisierte Rechtsanwältin Ilona Reichert aus Baden-Baden unter Hinweis auf das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 07.12.2011, Az.: 6 S 79/11.

In dem zugrundeliegenden Streitfall vermietete der Kläger den Beklagten mit Mietvertrag vom August 2008 eine Wohnung. Mietbeginn war der 1.11.2008. Mit Schreiben vom 30.05.2010 kündigte der Kläger das Mietverhältnis unter Berufung auf Eigenbedarf für seinen ältesten Sohn. Dieser war zum Zeitpunkt der Kündigung 19 Jahre alt war. Der Umzug des ältesten Sohnes in die streitgegenständliche Wohnung sei erforderlich, weil die Verhältnisse in der elterlichen Wohnung sehr beengt seien. Der Sohn wolle die 150 qm große Wohnung mit seiner Lebensgefährtin bewohnen. Die Beklagten waren der Auffassung, die Eigenbedarfskündigung sei unwirksam, da der Kläger einen überhöhten Eigenbedarf geltend gemacht habe und der angebliche Bedarf für ihn vorhersehbar gewesen sei.

Amtsgericht und Landgericht gaben den Mietern Recht. Dem Vermieter kann eine Berufung auf Eigenbedarf, der auf schon bei Mietvertragsabschluss vorhersehbare Umstände gestützt wird, versagt werden. Zumindest gilt dies dann, wenn die Eigenbedarfskündigung vor Ablauf von fünf Jahren nach Mietvertragsschluss erklärt wird. Es ist nicht erforderlich, dass der Vermieter den zukünftigen Bedarf genau kennt. Es genügt, wenn der Vermieter ihn bei vorausschauender Planung hätte in Erwägung ziehen müssen. Auf die tatsächlichen Verhältnisse bei Abschluss des Mietvertrages kommt es dabei an. Entscheidend ist die naheliegende Möglichkeit des Eintritts eines Eigenbedarfsfalles in absehbarer Zeit. Der Kläger, der zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses mit drei Kindern zwischen 14 und 18 Jahren gemeinsam in einer Wohnung lebte, hätte daher mit einem Eigenbedarf des ältesten Sohnes rechnen müssen. Beide Instanzen entschieden aufgrunddessen, dass die Eigenbedarfskündigung wegen des vorhersehbaren Bedarfs unwirksam ist. Auf den überhöhten Eigenbedarf, den die Beklagten dem Kläger darüber hinaus entgegenhielten, kam es nicht mehr an.