Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 15.12.2010 (Az.: VIII ZR 113/10) entschieden, dass eine auf einem Zahlungsrückstand des Mieters einer Wohnung gegenüber dem Stromversorger beruhende Unterbrechung der Stromlieferung (Ausbau des Stromzählers) nicht zu einer Minderung der Miete führt, da dieser Mangel der Sphäre des Mieters zuzurechnen ist, so die auf Mietrecht spezialisierte Rechtsanwältin Ilona Reichert aus Baden-Baden.


Die klagende Vermieterin nahm den beklagten Mieter auf Zahlung rückständiger Miete sowie auf Räumung und Herausgabe der von ihm gemieteten Ein-Zimmer-Wohnung in Anspruch. Die Stromentnahmestelle für die streitgegenständliche Wohnung war bei Beginn des Mietverhältnisses mit einer Messeinrichtung (Stromzähler) versehen. Die Stromversorgung erfolgte aufgrund eines zwischen dem Mieter und den Stadtwerken bestehenden Vertrages.

Wegen eines Zahlungsrückstands des Beklagten gegenüber den Stadtwerken kam es am 28.03.2007 auf deren Veranlassung hin zur Unterbrechung der Stromlieferung. Nach Zahlung der Rückstände durch den Beklagten veranlassten die Stadtwerke Mitte April 2007 die Wiedereröffnung der Stromentnahmestelle. Die Stadtwerke stellten dem Mieter die Kosten der Sperrung und Entsperrung des Anschlusses in Höhe von 89,50 € in Rechnung. Nachdem der Mieter die Zahlung verweigerte, veranlassten die Stadtwerke erneut die Sperrung des Anschlusses. Der Netzbetreiber führte diese am 25.06.2007 auftragsgemäß durch und baute am 16.08.2007 den Zähler für die Entnahmestelle der Wohnung des Beklagten aus. Der Beklagte teilte den Stadtwerken mit Schreiben vom 12.05.2007 u.a. mit, dass er die Stromabbestellung als Vertragsbeendigung angesehen und den Versorger gewechselt habe. Der Versorgerwechsel scheiterte jedoch, weil der Netzbetreiber die Entnahmestelle wegen der fehlenden Messeinrichtung als „inaktiv“ meldete.

Mit Schreiben vom 28.09.2008 kündigte der Beklagte gegenüber der Klägerin wegen der fehlenden Stromversorgung seiner Wohnung in Folge des Ausbaus des Stromzählers die Minderung der (Kalt-) Miete um 50 % an. Die Miete (einschließlich der Betriebskostenvorauszahlung) betrug zuletzt 171,00 € monatlich. Ab Dezember 2008 zahlte der Beklagte ein auf 107,00 € monatlich gekürztes Nutzungsentgelt. Die Klägerin widersprach der Minderung und kündigte den Mietvertrag nach vorheriger Abmahnung fristlos wegen Zahlungsverzugs in Höhe von 384,00 €. Der Beklagte widersprach der Kündigung.

Das Amtsgericht gab der auf Zahlung sowie auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gerichteten Klage statt. Das Landgericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass die Miete wegen der Unterbrechung der Stromzufuhr gemindert gewesen sei. Auf die Revision der Klägerin hob der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil auf und wies die Berufung des Beklagten zurück.

Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Klägerin gegen den Beklagten sowohl ein Anspruch auf Zahlung restlicher Miete und Nutzungsentschädigung gemäß §§ 535 Abs. 2, 546a Abs. 1 BGB als auch auf Räumung und Herausgabe der gemieteten Wohnung gemäß § 546 BGB zusteht. Das Mietverhältnis ist durch die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs des Beklagten über mehr als zwei Termine mit zwei Monatsmieten gemäß §§ 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3b BGB wirksam beendet worden.

Dass die Stromversorgung der streitgegenständlichen Wohnung in Folge des Ausbaus der Messeinrichtung ab dem 16.08.2007 zeitweise unterbrochen war, hatte keine Minderung der Miete gemäß § 536 BGB zur Folge. Der Mieter hat nach § 536 Abs. 1 BGB nur eine geminderte Miete zu entrichten, wenn die Mietsache einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt. Zwar lag ein Mangel der Wohnung vor, weil der Mieter ohne die Messeinrichtung keinen Strom mehr beziehen konnte und die Wohnung nur eingeschränkt nutzbar war. Dieser Mangel führte jedoch nicht zu einer Minderung der Miete, denn eine Minderung ist ausgeschlossen, wenn – wie hier – ein Mangel der Sphäre des Mieters zuzurechnen ist.

Die Unterbrechung der Anschlussnutzung und die physische Trennung der Entnahmestelle der Wohnung des Beklagten vom Netz erfolgte auf Veranlassung des Versorgers des Beklagten, weil der Beklagte dem Versorger die Kosten für die vorausgegangene Sperre und Entsperrung des Anschlusses in Höhe von 89,50 € nicht erstattete. Diese Vorgänge rühren jedoch ausschließlich aus dem Strombelieferungsverhältnis des Beklagten mit seinem Versorger her und nicht aus dem Mietverhältnis mit der Klägerin. Sie sind der Sphäre des Beklagten und nicht der Risikosphäre der Klägerin zuzurechnen.