Ein zur Unwirksamkeit einer Formularklausel führender sogenannter Summierungseffekt aufgrund des Zusammentreffens zweier – jeweils für sich genommen – unbedenklicher Klauseln kann auch dann vorliegen, wenn nur eine der beiden Klauseln formularmäßig, die andere dagegen individuell vereinbart worden ist. Ist in einer derartigen Konstellation die Pflicht zur Übernahme von Schönheitsreparaturen formularvertraglich vereinbart und eine zusätzliche Endrenovierungspflicht individualvertraglich, führt dies gemäß § 139 BGB zur Unwirksamkeit der gesamten Regelung, so die auf Mietrecht spezialisierte Rechtsanwältin Ilona Reichert aus Baden-Baden unter Hinweis auf das Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 20.05.2011, Az.: 10 C 14/11.


In dem entschiedenen Fall verlangten die Kläger von den Beklagten Schadensersatz aus einem Mietvertrag wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen bei Auszug trotz individuell vereinbarter Endrenovierungsklausel. In dem Mietvertrag war formularmäßig unter § 5 Abs. 1 die Pflicht zur Übernahme der Schönheitsreparaturen während der Dauer des Mietverhältnisses durch den Mieter vereinbart, unter § 5 Abs. 4 ein diesbezüglicher Fristenplan aufgeführt sowie eine Regelung zur quotalen Abgeltung unterlassener Schönheitsreparaturen. Die Beteiligten hatten unter § 19 individualvertraglich unter anderem vereinbart: „§ 5 Abs. 4 wird gestrichen. Bei Beendigung des Mietverhältnisses ist die Wohnung renoviert und in ursprünglichem, bezugsfertigem Zustand zu übergeben.“

Das Amtsgericht wies die Klage als unbegründet ab. Es entschied, dass die Kläger keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen aufgrund der Unwirksamkeit der diesbezüglichen vertraglichen Vereinbarungen haben. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Gericht aus, dass es maßgeblich auf das Zusammenspiel der Formularklausel unter § 5 und der Individualvereinbarung unter § 19 des Mietvertrages ankomme. Mit letzterer Klausel wurde nicht die gesamte unter § 5 des Vertrages enthaltene Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen gestrichen, sondern nur der Fristenplan gemäß § 5 Abs. 4 sowie die dort weiter enthaltene Regelung zur Abgeltung im Falle nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen zum Zeitpunkt des Auszugs des Mieters. Die grundsätzliche Pflicht zur Durchführung der Schönheitsreparaturen gemäß § 5 Abs. 1 des Mietvertrages blieb damit unverändert in Kraft. Dabei begegnet sowohl die Klausel unter § 5 Abs. 1 wie auch die individualvertraglich vereinbarte Pflicht zur Renovierung bei Auszug, unabhängig von dem Zustand der Wohnung oder des Zeitpunktes der letztmals durchgeführten Renovierungsarbeiten, für sich betrachtet keinen Bedenken.

Die Klauseln führen allerdings in ihrer Gesamtwirkung zu einem sogenannten Summierungseffekt und sind deshalb insgesamt unwirksam. Auch wenn beide Regelungen in zwei getrennten Paragraphen mit unterschiedlichen Überschriften enthalten sind, müssen sie ihrer Bestimmung wegen als zusammengehörig gewertet werden und zwar auch dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – es sich bei der einen um eine Formularklausel handelt und die andere auf individueller Vereinbarung beruht (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. Beschluss vom 02.12.1992, Az.: VIII ARZ 5/92). Wegen ihres inhaltlichen Zusammenhangs haben solche, jeweils für sich isoliert betrachtet unbedenkliche Klauseln einen Summierungseffekt und führen in ihrer Gesamtwirkung zu einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters und zwar gerade auch in dem Fall, in dem die formularvertragliche Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen mit einer Individualvereinbarung zusammentrifft, wonach bei Auszug auf alle Fälle eine Endrenovierung durchzuführen ist. Nach § 307 Abs. 1 BGB hat dies zunächst zur Folge, dass die Formularklausel unwirksam ist (vgl. BGH, Urteil vom 05.04.2006, Az.: VIII ZR 163/05).

Da beide Klauseln wegen ihres sachlichen Zusammenhangs ein einheitliches Rechtsgeschäft darstellen, hat dies weiter gemäß § 139 BGB in der Regel zur Folge, dass die Nichtigkeit dieses Teil des Vertrages dazu führt, dass auch die inhaltlich und wirtschaftlich nicht zu trennende Individualabrede – der Vermieter will, dass die Renovierungslast insgesamt auf den Mieter übertragen wird – über die Endrenovierung nichtig ist (vgl. LG Freiburg, Urteil vom 21.06.2001, Az.: 3 S 12/01).