Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 4.05.2011 (Az.: VIII ZR 146/10) entschieden, dass eine Klage des Vermieters auf zukünftige Leistung gemäß § 259 ZPO zulässig ist, wenn der Mieter einen Rückstand an Miete und Mietnebenkosten in einer die Bruttomiete mehrfach übersteigenden Höhe hat auflaufen lassen, so die auf Mietrecht spezialisierte Rechtsanwältin Ilona Reichert aus Baden-Baden.


In dem zugrundeliegenden Streitfall sind die Beklagten Mieter einer Wohnung der Kläger in Hannover. Sie zahlten in den Monaten Dezember 2006, Oktober 2007 und September 2008 keine Miete. Die Vermieterin erklärte daraufhin mit Schreiben vom 17.11.2008 ohne vorherige Abmahnung die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Danach wurde das Mietobjekt verkauft. Die Klage der Rechtsnachfolger stützte sich unter anderem auf Räumung und Herausgabe der Wohnung und auf zukünftige monatliche Zahlung einer Nutzungsentschädigung bis zur erfolgten Räumung. In der Klageschrift wurde aufgrund zwischenzeitlich aufgelaufener weiterer Mietrückstände für Dezember 2008 und Januar 2009 erneut die außerordentliche Kündigung erklärt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage in Bezug auf die genannten Punkte abgewiesen. Im Hinblick auf die zukünftige Zahlung hielt das Landgericht die Klage für unzulässig.

Die dagegen gerichtete Revision der Kläger hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof war der Auffassung, dass den Klägern jedenfalls bei der in ihrer Klageschrift ausgesprochenen zweiten Kündigung ein Kündigungsrecht nach § 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3b BGB zustand, da sich die Beklagten zu diesem Zeitpunkt mit der Miete für Dezember 2008 und Januar 2009 in Verzug befanden. Gemäß § 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3b BGB liegt ein wichtiger Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung des Mietverhältnisses vor, wenn der Mieter in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht. Der Bundesgerichtshof hat es offen gelassen, ob der Vermieter den Mieter bei länger zurückliegenden Mietrückständen vor einer Kündigung ausnahmsweise abmahnen muss. Den auf die zukünftige Leistung gerichteten Zahlungsantrag der Kläger hielt der Bundesgerichtshof für zulässig und begründet, weil angesichts der bereits entstandenen Mietrückstände, die den Betrag von einer Monatsmiete mehrfach übersteigen, die Besorgnis besteht, dass die Beklagten künftige Nutzungsentgeltforderungen der Kläger nicht rechtzeitig erfüllen werden. Es ist – so der Bundesgerichtshof – hierfür nicht erforderlich, dass der Schuldner die Forderung des Gläubigers ernsthaft bestreitet oder die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners feststeht.

Praxishinweis: Dieses Urteil erklärt die Verknüpfung einer Räumungsklage wegen Mietrückständen mit der Klage auf künftige Leistung für zulässig. Dadurch wird es Vermietern erleichtert, ihre berechtigten Forderungen – unabhängig davon, ob sie Miete oder Nutzungsentschädigung zum Gegenstand haben – bis zur Räumung der Wohnung zu erhalten.

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