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Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 8.12.2010 (Az: VIII ZR 86/10) entschieden, dass ein formularmäßiger Kündigungsausschluss wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam ist, wenn er einen Zeitraum von vier Jahren – gerechnet vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Mieter den Vertrag erstmals beenden kann – überschreitet, so die auf Mietrecht spezialisierte Rechtsanwältin Ilona Reichert aus Baden-Baden.


Mit Mietvertrag vom 27.06.2005 wurde eine Wohnung mit Mietbeginn 1.07.2005 auf unbestimmte Zeit angemietet. Es war laut Mietvertrag ein wechselseitiger Kündigungsverzicht für die Dauer von vier Jahren vereinbart, sodass eine Kündigung erstmals nach Ablauf dieses Zeitraums mit der gesetzlichen Frist zulässig war. Mit Schreiben vom 12.02.2009 kündigten die Mieter das Mietverhältnis zum Ablauf des 30.06.2009. Nachdem die Vermieter die Kündigung unter Hinweis auf den Mietvertrag zurückgewiesen hatten, erhoben die Mieter Klage auf Feststellung, dass ihr Mietverhältnis mit den beklagten Vermietern zum 30.06.2009 beendet worden sei. Die Vermieter waren der Auffassung, das Mietverhältnis habe erst zum 30.09.2009 geendet. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landgericht wies sie ab. Die Revision hatte Erfolg.

Der Bundesgerichtshof bleibt bei seiner Auffassung, wonach ein zeitlich begrenzter Ausschluss des Kündigungsrechts, auch formularmäßig, vereinbart werden kann. Der Bundesgerichtshof hat aber entschieden, dass ein Kündigungsverzicht oder Kündigungsausschluss nur dann wirksam ist, wenn er in zeitlicher Hinsicht überschaubar und damit für den Mieter erträglich ist. Die Grenze hierfür zieht der Bundesgerichtshof bei vier Jahren, bezogen auf den Abschluss des Mietvertrages. Die Möglichkeit, einen geeigneten Nachmieter zu stellen, wie es in dem streitgegenständlichen Mietvertrag vorgesehen ist, sei zu unsicher, um die erhebliche Dispositionsfreiheit des Mieters durch einen formularmäßigen Kündigungsverzicht für mehr als vier Jahre auszugleichen. Einen formularmäßigen Kündigungsverzicht oder Kündigungsausschluss, der den Zeitraum von vier Jahren überschreitet, sieht der Bundesgerichtshof wegen unangemessener Benachteiligung bzw. unzumutbarer Einschränkung der Dispositionsfreiheit der Mieter für unwirksam an.

Praxistipp:
Mit dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof den strittigen Punkt geklärt, dass es bei der Berechnung der Vier-Jahresfrist allein auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ankommt und nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsbeginns, den im Mietvertrag genannten Termin oder den Einzugstermin. Darüber hinaus stellte der Bundesgerichtshof klar, dass die Kündigung erstmals – unter Berücksichtigung der dreimonatigen Kündigungsfrist – zum Ablauf der Vier-Jahresfrist möglich ist und nicht erst nach Ablauf der vereinbarten vier Jahre. Für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ist entscheidend die Annahme des Vertragsangebots, also das Datum der zweiten Unterschrift.

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